Sonntag, 22. Juli 2012

Waldgestaltung, Gruppenpflanzung am Beispiel japanischer Lächen (Larix kaempferi)

 
Liebe Bonsaifreunde,

mein Beispiel soll zeigen, welche Regeln und Techniken angewendet werden können, um eine Gruppenpflanzung dynamisch und ansprechend zu gestalten. Diese Regeln können als Richtlinien betrachtet werden, deren Umsetzung keiner dogmatischen Pflicht unterliegen sollte. Gemacht werden darf, was gefällt. Es ist aber hilfreich, sich die Regeln und verschiedenen Gedanken anzuschauen und einzuverleiben, da sich diese auch an Naturbeobachtungen orientieren und an künstlerischen Umsetzungsmaßnahmen, die mit verschiedenen gestalterischen Effekten spielen können. Auch deswegen wirken viele Bonsaiwälder so, dass sie die uns bekannte unbeschreibliche Faszination ausüben. 
 
Der Anfang zur Planung einer Gruppenpflanzung besteht darin, sich über die Anzahl der Bäume zu einigen, die in der Schale Platz finden sollen. Pflanzungen aus 3-7 Einzelbäumen sind für den Anfänger überschaubar und bieten die Möglichkeit, alle zugrundeliegenden Regeln in übersichtlicher Weise auszuprobieren und mit schnellem Erfolg umzusetzen. Es ist nämlich gar nicht so, dass wir Bonsaigestalter geduldig sind, das Gegenteil ist meist der Fall! Wer weiß, wie und warum etwas so ist wie es ist, kommt schneller an Ziel. Die Regeln ausdehnen kann man dann immer noch.

Wald- oder Gruppenpflanzungen werden in sich in einzelne Gruppen unterteilt, Haupt- und Nebengruppen. Die Hauptgruppe ist dort, wo auch der größte und dickste Baum vorkommt. Die Abstände zwischen den Gruppen sollte größer sein als die der Einzelbäume innerhalb der Gruppen. Gleiche Stammabstände sollten vermieden werden. Ich habe festgestellt, das das manchmal gar nicht so einfach ist. Die Bäume sollten eine unterschiedliche Größe haben, dier Stammdurchmesser sollte proportional zur Höhe und dem Gesamtbild ästhetisch passen. Dünne Bäume werden hinten, dickere vorne platziert, dies gibt die gewünschte Tiefenwirkung. Bei vielen Wäldern mit mehr Bäumen können auch vorne dünnere stehen, da am Waldrand jüngere Pflanzen stehen. Äußere Bäume sind auch sehr oft von der Wurzel an vom Wald weg und nach oben gebogen. Schaut Euch zwischen Feldern einzelne Baumgruppen als Inspiration an und achtet darauf.
Die Stämme sollten sich nicht gegenseitig verdecken, niemals in der Vorderansicht, optimalerweise kann das auch bei allen 4 Seitenansichten vermieden werden. Es kann auch mal längeres Ausprobieren nötig sein, bis es klappt. Nicht verzagen! Die Durchsicht ist abhängig von der Perspektive, Richtwert ist hier Augenhöhe mit einer Armlänge Abstand, so schauen es sich die meisten Leute an.

Die Äste können wie bei Einzelbäumen angeordnet werden, mit der Zeit werden die Inneren wegen Lichtmangel absterben. So kann man sich überlegen, diese gleich wegzunehmen oder Bäume zu verwenden, die durch den vorherigen Standort sowieso einseitig beastet sind. Wichtig sind die Äste und Zweige, welche nach außen zeigen. Auch hier gilt, untere Äste lang und dick, obere kurz und dünn. Kreuzungen der Äste zwischen verschiedenen Bäumen sind hier nicht so sehr zu vermeiden wie bei Einzelbäumen. Bei älteren Wälder muss auch ab und an ausgelichtet werde, damit der Wald innen nicht allzu kahl wird.

Ich habe japanische Lärchen (Larix kaempferi) ausgewählt, die ca. 3-4 Jahre alt sind und mich für eine Gruppenpflanzung mit 5 Bäumen entschieden. So kann man 2 Gruppen aufbauen, Haupt- und Nebengruppe: z.B. 2 Bäume links, 3 Bäume rechts. Die Hauptgruppe ist die mit dem Hauptbaum.
Mein Hauptbaum soll den dicksten Stamm haben und misst ca. 35 cm. Das ist, zusammen mit der Anzahl der Bäume, meine Grundlage für die Auswahl der Schale, die ich verwenden werde. Hier ist der Fantasie keine Grenzen gesetzt, es gibt unterschiedlichste Ansätze zur Schalengröße und Form. Ich habe mich für eine einfache, ovale Schale entschieden.
 
Ich habe mir 5 Bäume - mit unterschiedlichen Größen und Stammdurchmessern - ausgesucht und sie mit den Töpfen schon mal ungefähr so ausgerichtet, wie sie in die Schale kommen könnten.
Bäume, die nur einseitig mit Ästen ausgestattet sind, können so ausgerichtet werden, dass sie mit der kahlen Stelle zum nächsten Baum fixiert werden. So braucht man auch keine Bäume verschwenden, die als Einzelbaum in Frage kämen.



Hier ist ein Teil des Ausgangsmaterials. Bei allen Lärchen habe ich die Wurzelballen zurückgenommen. Um sie besser in die Schale zu bekommen. Hier exemplarisch an 3 Lärchen gezeigt (eigentlich wollte ich eine 3er Gruppe machen, aber habe festgestellt, dass die Schale zu klein war und habe mir eine größere und noch 2 Bäume gesucht). 

Jetzt können die Bäume zum Ausprobieren in die Schale gesetzt, die Proportionen beobachtet und die ersten perspektivischen Wirkungen erprobt werden.
Mein Ziel: Der Hauptbaum ist der größte und dickste, weil der älteste, links und vorn davon ein etwas kleinerer (75%), rechts dann die Bäume der Nebengruppen: der niedrigste und dünnste für die Tiefe (55%), daneben und rechts davor ein größerer zum Unterstützen der Tiefe (85%) und zum Rand nach rechts hin etwa mittig ein mittlerer Baum (70%). 


So ungefähr hätte ich das gerne, jetzt kann ich die Bäume, die sehr eng zusammenstehen sollen, zuerst zusammendrahten, dann den Rest. Und ich kann ich die Bäume ungefähr so herausholen, wie ich sie eben platziert hatte, hat ja lange genug gedauert.



Einfach Draht um die Wurzelballen herumziehen und nach und nach festziehen, bis der gewünschte Abstand feststeht. Nicht allzu fest zudrehen, sonst werden die zarten Wurzeln zerquetscht!

Die Schale ist vorbereitet, Abdecknetze sind fixiert und Draht zum Festbinden ist gelegt.
Jetzt noch kleine Schicht der bevorzugten Erdmischung gleichmäßig verteilen:, danach wird der Rohwald wieder rein gestellt, positioniert und fest gebunden.


Vorderansicht


Seitenasicht links


Ansicht Rückseite


 Seitenasicht rechts


 Ansicht von Oben
 
Zum Schluss wird mit Erdmischung aufgefüllt, mit einem Stäbchen vorsichtig und locker eingearbeitet bis nichts mehr nach unten nachrieselt und gegossen. Am Rand sollte die Erde flach sein, um ein Gießen ohne Auslaufen sicherzustellen. Um die Bäume herum kann ein Hügel gehäuft werden. Zwischen den Bäumen machen unterschiedliche Höhen und kleine Vertiefungen das Landschaftsbild komplett.
Jetzt kann noch nach Bedarf geschnitten werden, da die Stellung der Bäume im großen und ganzen feststeht. Kleinere Korrekturen können immer noch gemacht werden.


Das ist der fertige Rohwald. Der Rückschnitt ist absichtlich so kurz gewählt. Mit der Zeit wird, bei kontinuierlichem Rückschnitt, die Verzweigung dichter, die Lücke geschlossen werden und das sollte den Gesamteindruck verstärken. Mit der Zeit könnte an den Spitzen noch gearbeitet oder von Anfang an anderes Rohmaterial gewählt werden. Der Hauptbaum könnte noch gedreht werden, da er dem Linken in der Stellung sehr ähnelt und ihm parallel folgt. Mir geht es oft so, dass ich lange an etwas arbeite und dann am Ende feststelle, das dies und das noch verbesserungswürdig ist. Das ist aber ein Lernprozess, der sehr viel Spaß macht.

Ich habe noch eine kleine 3er Gruppe fertig gemacht, die ich Euch nicht vorenthalten will. Nun könnt Ihr die Baumstellungen mal vergleichen.
 

Das ist die Gruppe ungeschnitten.


Äste, die nach Innen wachsen und auf gleicher Höhe mit gegenüberliegenden stehen habe ich geschnitten. Hierbei lasse ich immer einen kleinen Zapfen stehen, oder breche sie sogar ab, ich finde das wirkt authentischer, als alle am Stamm direkt abzuschneiden.



Die "fertige" Gruppenpflanzung:

Hoffentlich habe ich Euch einigermaßen helfen können, ein bisschen zu verstehen, wie Gruppen aufgebaut sind und wie man sie gestalten kann. Natürlich ist das nur ein Überblick eines komplexen Themas.
Ich werde die Tage mal Photos von fortgeschrittenen Waldpflanzungen zur Verfügung stellen, damit Ihr seht, wie die Verzweigung zunehmen kann und das es nur am Anfang so kahl aussieht.
Ich habe tolle Wälder gesehen, die aus dem gleichen Rohmaterial gebildet wurden und richtig schön urig aussehen.
Ich bitte um rege Kritik, das ist das erste Mal, das ich einen virtuellen Workshop erstellt habe. Die Bildqualität werde ich, falls Interesse an weiteren Themen besteht, verbessern und versuchen, Anregungen oder Themenvorschläge von Euch umzusetzen.
Na dann - ran an Euren ersten Wald!

Viel Spaß,

André

2 Kommentare:

  1. Mir hat der Workshop sehr geholfen, vielen Dank dafür! Vorallem deine Gedanken zu der Baumanordnung fand ich sehr interessant! Wie geht es dem Wald heute? Hast du vielleicht Lust die Entwicklung zu zeigen? Viele grüße

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    1. Hallo, freut mich dass ich helfen konnte :)
      Der Wald wurde aber unmittelbar nach der Gestaltung verkauft, hatte den als Übung gemacht.
      Nächstes Jahr aber mache ich mir selbst einen, dann gibt´s auch eine Dokumentation der Entwicklung über die Jahre..

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